300 Jahre englische Buchhandelsgeschichte in einer Datenbank: Literary Print Culture (Neue Nationallizenz)

Wappen der Stationers Company (1775).
Summonses, 19 Jan 1774 – 22 Dec 1775, © The Worshipful Company of Stationers and Newspaper Makers.

In diesem Sommer hat der FID BBI neben dem Publishers Weekly Digital Archive noch eine zweite Nationallizenz umgesetzt. – Dank einer erneuten Zusammenarbeit mit dem FID Anglo-American Culture und der Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft ist die Datenbank „Literary Print Culture“ für Bibliotheksnutzer*innen in Deutschland frei zugänglich.

Das Wichtigste in Kürze

Mitglieder der Stationers‘ Company, Jun 1976, © The Worshipful Company of Stationers and Newspaper Makers

Die Datenbank „Literary Print Culture“ beinhaltet digitalisiertes Geschäfts- und Verwaltungsschriftgut aus dem Archiv der „Worshipful Company of Stationers and Newspaper Makers“ (kurz: Stationers‘ Company), einer 1403 in London gegründeten Buchhändlergilde. Die Gilde erhielt in Teilen des 16. und 17. Jahrhunderts das Monopol über Druck und Verlagswesen in England und spielte eine zentrale Rolle für die Entwicklung von Pressezensur und Urheberrecht.

Kupferstich: Innenansicht der Stationers Hall (undatiert), © The Worshipful Company of Stationers and Newspaper Makers

Zugriff erhalten

Literary Print Culture steht Nutzer*innen in ganz Deutschland als Nationallizenz zur Verfügung. Der Zugriff erfolgt über das Datenbank-Infosystem (DBIS) oder über eine Einzellizenz.

Eintrag von Literary Print Culture im Datenbank-Infosystem

Ausführliche Anleitung zum Zugriff auf Nationallizenzen

Eine wichtige Quelle: Das Register of Entries of Copies

Neben zahlreichen anderen Archivalien ist das „Register of entries of copies“ eine besonders wertvolle Quelle des Archivs und ist hier erstmals vollständig digital zugänglich: Neu erschienene Werke wurden seit 1556 in dieses Register eingetragen, es fungierte als Positivliste sämtlicher durch die Zensur bewilligten Werke. Drucker und Buchhändler erkannten von einem frühen Zeitpunkt an einen weiteren Nutzen des Registers: Sie nutzten es als Copyright-Verzeichnis und knüpften an den Registereintrag das Recht am gedruckten und verkauften Werk. 1709/10 wurde das Register von der Regierung ganz offiziell zum Copyright-Verzeichnis erhoben und blieb es bis zum Jahr 1911. Anders als zum Beispiel im Heiligen Römischen Reich (wo in der Frühen Neuzeit – wenn überhaupt – nur regionale Verordnungen erlassen wurden) konnte ein im Register erfasstes Werk nicht ohne weiteres von dritten Personen kopiert und vertrieben werden. Dies betraf u.a. auch Werke von William Shakespeare:

Der Eintrag von „Mr. William Shakespeares Comedies, Histories, & Tragedies“ (London 1623) im Register of entries of copies (8. November 1623).
Liber D, 10 Jul 1620 – 1 Dec 1645, p. 69. © The Worshipful Company of Stationers and Newspaper Makers.

In Kombination mit den Akten des „Court of Assistants“, dem leitenden Gremium der Stationers Company, kann das Register dazu beitragen, die Publikationsgeschichte einzelner Werke genauer zu rekonstruieren. Die Bände des Registers sind über ein Handwritten Text Recognition-Verfahren (HTR) mit Volltext versehen und daher durchsuchbar. Leider ist Qualität oft nicht ausreichend, um vollständige und verlässliche Trefferlisten zu ermöglichen.

Zeremonielle Barke der Stationers‘ Company, die für feierliche Prozessionen auf der Themse verwendet wurde (1829), © The Worshipful Company of Stationers and Newspaper Makers

Zentrale Inhalte

Aufgrund des hohen Einflusses der Stationers‘ Company ist ihr überliefertes Archiv von übergeordneter Bedeutung für den englischen Buchhandel der Frühen Neuzeit. Die Datenbank gewährt den Zugriff auf:

  • Satzungen, Lizenzen und Privilegien der Stationers Company
  • Mitgliedschaftsregister der Stationers‘ Company
  • das „Entry Book of Copies“ (1595-1842): Die Bände des Registers können über den Filter auf der linken Seite der Datenbank angewählt werden.
  • die Akten des „Court of Assistants“, dem leitenden Gremium der Stationers‘ Company
  • Verwaltungsakten der Stationers‘ Company
  • Die „English Stock Documents“ (1603-1961) bezeugen die Aktivitäten des erfolgreichen Verlagszweigs der Stationers‘ Company. Die Belege ihrer Schatzmeister (1734-1800) führen z.B. detaillierte Angaben über Zahlungen für Druck, Papier und Werbung für Almanache und andere Bücher der English Stock
  • Sammlung von Fotographien
  • Oral History: Interviews mit Mitgliedern der Stationers‘ Company

Fachliteratur zum Archiv der Stationers Company

Eine praktische Orientierungshilfe für die zahlreichen Archivalien der Stationers‘ Company bildet Robin Myers „The Stationers‘ Company Archive. An Account of the Records 1554-1984“ (Winchester 1990). Das Werk klärt über die Geschichte und Überlieferung des Archivs auf und gibt kurze Beschreibungen zu den verschiedenen Archivalien.

Weitere Literatur haben wir in einer eigenen Liste im FID BBI zusammengefasst: Das Archiv der Stationers Company (Fachliteratur, Editionen).