Alte Drucke und Digitalisate recherchieren – Die wichtigsten Sucheinstiege

Fast jede Bibliothek besitzt Drucke, die vor dem Jahr 1850 erschienen sind. Um möglichst viele Standorte auf einmal absuchen zu können, lohnt sich die Recherche in übergreifenden Bestandskatalogen. Welchen davon Sie zuerst aufrufen sollten, hängt von Ihrer Fragestellung ab.

„Ich will doch nur ein Digitalisat…“

KVK – Karlsruher Virtueller Katalog

Wenn Sie prüfen möchten, ob ein Werk (in Deutschland) schon einmal digitalisiert wurde, ist der KVK aktuell der zuverlässigste Weg, dies herauszufinden. Geben Sie die Titelinformationen ins Suchfeld ein und setzen Sie das Häkchen auf „Nur digitale Medien suchen“. Weiter unten können Sie darüber entscheiden, welche Kataloge Sie in Ihre Suche mit einbeziehen wollen. In der Liste können Sie nicht nur deutsche Verbundkataloge mit anhaken, sondern auch internationale Kataloge, Buchhandelskataloge und Sammeldatenbanken für digitale Medien (Google Books, Deutsche Digitale Bibliothek, Europeana etc.). Die Abdeckung des KVK hat seinen Schwerpunkt auf europäischen Buchbeständen, hinzu kommen einige Kataloge aus Amerika und Australien.

Startseite des KVK


Deutsche Digitale Bibliothek

Die Digitalisate der meisten deutschen Bibliotheken sind in der Deutschen Digitalen Bibliothek recherchierbar. Da die DDB neben Textdokumenten auch Bild-, Film- und Audiodateien erfasst, ist die erweiterte Suche auf die gemeinsamen Nenner dieser Medientypen begrenzt, komplexe Recherchen nach bestimmten bibliografischen Details (Auflage, Verlag, Drucker o.ä.) sind nicht möglich. Wer nur nach Textdokumenten sucht, kann die Ergebnisliste über die Facettenanzeige auf der linken Seite unter Medien- bzw. Objekttyp eingrenzen. Ein Vorteil gegenüber vielen anderen Katalogen besteht darin, dass jeder Datensatz mit einer Angabe zum Rechtsstatus versehen ist, so dass direkt klar ist, unter welchen Bedingungen das Digitalisat nachgenutzt oder vervielfältigt werden darf. Im Gegensatz zu Google Books sind die meisten der hier angezeigten Digitalisate zudem mit digitalen Inhaltsverzeichnissen versehen, die eine schnelle Orientierung ermöglichen.

Startseite der DDB


Zentrales Verzeichnis Digitalisierter Drucke (ZVDD)

Im Gegensatz zur DDB ist das ZVDD speziell auf Drucke zugeschnitten und erstreckt sich zeitlich vom 15. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Der von der DFG geförderte Katalog wird von der SUB Göttingen betrieben. Er wird regelmäßig aktualisiert und bündelt u.a. die in VD16, VD17 und VD18 verzeichneten Digitalisate. Letztere können Sie in der erweiterten Suche auch über ihre – in Anführungszeichen gesetzten – Identifier finden und aufrufen.

Das Zentrale Verzeichnis Digitalisierter Drucke ist auch über den KVK und die DDB durchsuchbar.

Startseite der ZVDD


Europeana

Die Europeana ist das europäische Pendant der Deutschen Digitalen Bibliothek. Hier werden die digitalen Bestände tausender europäischer Institutionen gebündelt. Ähnlich wie bei der DDB ist die Europeana auf verschiedenste Medientypen (Bilder, Videos, Texte, Audio) ausgelegt. Die Ergebnisliste eignet sich insbesondere für eine Recherche nach Bildern. Genau wie in der DDB enthält jeder Datensatz Informationen zum Rechtsstatus. Hochdifferenzierte Suchanfragen nach bibliografischen Daten sind auch hier nur schwer umsetzbar. Zu empfehlen ist die Liste der Datengeber, die wertvolle Hinweise auf die zentralen (National-)Kataloge europäischer Länder gibt.

Startseite der Europeana


Google Books

Seit 2005 kooperiert Google mit mehreren amerikanischen und europäischen Bibliotheken und digitalisiert deren historische Bestände. Diese in der Bibliotheksbranche durchaus umstrittenen Projekte zielen auf Quantität – was für Sie als Forschende zunächst von Vorteil ist und Ihnen eine schnelle und meist ergiebige Recherche erlaubt. Die Qualität der Digitalisate und ihrer knapp gehaltenen Beschreibungen schwankt jedoch massiv. Auch der Standort und Signaturen des Originals sind nicht immer ersichtlich. Positiv hervorzuheben ist die automatische Texterkennung (OCR), die auch bei Frakturschriften gut funktioniert. Bei der Suche in Google Books werden die Volltexte mit ausgewertet, was in alten Wörterbüchern und Lexika immer wieder zu unverhofften Treffern führt.

Zum Glück immer seltener: Abgeschnittene Seiten und schlecht retouchierte Finger in einem Digitalisat von Google Books. Das Titelblatt wurde inzwischen entfernt: Seckendorff, Teutscher Fürsten-Staat. Frankfurt und Leipzig 1711. URL: https://bit.ly/3jnk8uO [05.08.2021]. Original: Nationalbibliothek der Tschechischen Republik.

Startseite von Google Books


Systematische Bestandsnachweise

Exakte Veröffentlichungsangaben, Kollationen und Fingerprints, Identifier, Provenienzen und andere Elemente einer umfassenden bibliografischen Beschreibung. – Das alles können Sie über die Titeldaten der DDB, der Europeana und Google Books vielleicht noch nachvollziehen, aber nicht differenziert recherchieren. Auch das gesamte Oeuvre einer Person oder eines Druckers lässt sich über Kataloge digitaler Sammlungen nur schwer rekonstruieren. In Bezug auf europäische Altbestände empfehlen sich stattdessen folgende Kataloge:


Drucke und Inkunabeln (1450-1830)

Heritage of Printed Book Database

Die HPB bündelt Metadaten zu Drucken, die zwischen 1450 und 1830 erschienen und in den Beständen europäischer (National-)Bibliotheken und Institutionen aufgestellt sind. Integriert sind u.a die Daten des Incunabula Short Title Cataloges, des VD 16 und der meisten deutschen Verbundkataloge. Unter jedem Titeleintrag befindet sich eine Liste der Bibliotheken, die über ein Exemplar des betreffenden Werkes verfügen, teilweise werden noch Informationen zu Provenienzen ergänzt. Die umfassenden bibliografischen Beschreibungen und Suchfunktionen ermöglichen eine sehr exakte Recherche.

Startseite der HPD


Incunabula Short Title Catalogue (ISTC) und Gesamtkatalog der Wiegendrucke

Wer sich primär für Inkunabeln interessiert, für den sind diese beiden Kataloge die ersten Anlaufstellen. Der ISTC verlinkt nicht nur zu Digitalisaten, sondern auch zu der Material Evidence in Incunabula-Datenbank (MEI), über den exemplarspezifische Beschreibungen und Provenienzen der Inkunabeln nachvollzogen werden können. Der ISTC erhält seinen Wert auch dadurch, dass dort die Daten des Gesamtkatalogs der Wiegendrucke recherchiert werden können. Da Updates aber nur unregelmäßig stattfinden, sollte der GW zusätzlich konsultiert werden. Dieses Projekt, das schon im Jahr 1904 begonnen wurde, hat das Ziel, alle weltweit vorhandenen Inkunabeln (Werke und Einzelexemplare) bibliografisch zu beschreiben und mit Bestandsnachweisen zu versehen. Die digitale Edition wird von der Staatsbibliothek zu Berlin gepflegt und stetig erweitert. Auch wenn sie den Nutzenden als Fließtext erscheint, kann sie über die „Allgemeine Recherche“ hochdifferenziert durchsucht werden, so u.a. nach Incipit, Schrift, Kollationszeile und Blattzahl. Achtung: Die Datenbank realisiert ausschließlich eine exakte Suche. Sie differenziert also zwischen Groß- und Kleinschreibung, Akzenten und Sonderzeichen.

Startseite des ISTC
Gesamtkatalog der Wiegendrucke
Startseite der MEI


Universal Short Title Catalogue (USTC)

Der USTC bündelt knapp 800.000 Datensätze zu Drucken des 15. und 16. Jahrhunderts und liefert besonders detaillierte Übersichten zu vorhandenen Exemplaren und Digitalisaten. Soweit vorhanden wird für die am Druck beteiligten Personen der zugehörige VIAF- und Wikipedia-Eintrag verlinkt. Die Suche ist auf die Charakteristika frühneuzeitlicher Drucke angepasst: Die Ergebnisliste kann nach frühneuzeitlichen Textgattungen und Formaten gefiltert werden. Auch eine regionale Suche ist möglich.

Startseite des USTC


Verzeichnisse der im deutschen Sprachbereich erschienenen Drucke (VD 16, VD 17, VD 18)

Einen nationalen Schatz bilden die Verbundkataloge Deutscher Drucke, die für das 16., das 17. und das 18. Jahrhundert aufgesetzt wurden. Ziel dieser von der DFG geförderten Projekte ist es, möglichst alle in dieser Zeit erschienenen Werke zu erfassen und zu katalogisieren – bestenfalls zu digitalisieren. Aufgrund des steigenden Publikationsaufkommens nimmt die Vollständigkeit mit jedem Jahrhundert ab. Für den deutschen Sprachraum liefern die VD-Kataloge meist die zuverlässigsten bibliographischen Beschreibungen und Angaben zu vorhandenen Einzelexemplaren.

Startseite des VD16
Startseite des VD17
Startseite des VD18


19. bis 20. Jahrhundert

Hier bestehen noch keine epochenspezifischen oder national übergreifenden Kataloge. Drucke aus dieser Zeit lassen sich am besten über den KVK oder den WorldCat ermitteln. Drucke des 20. Jahrhunderts werden noch nicht im großen Stil digitalisiert, da die Werke oft noch nicht gemeinfrei sind und die Rechteklärung viel Zeit in Anspruch nehmen kann.

Startseite des KVK
Startseite des WorldCat


Wenn Sie nicht fündig werden…

Kein Katalog ist vollständig

Der Transfer von Daten und Metadaten kostet Zeit und Geld, Kataloge werden nicht tagesaktuell geupdatet. Kleinere Institutionen wie z.B. Kloster-, Schloss- Schul- und Museumsbibliotheken, die oft nennenswerte Altbestände beherbergen, haben mitunter keine Kapazitäten, ihre Sammlungen und Bestandsinformationen über die eigenen Kataloge hinaus zu verbreiten. Bei besonders schwierigen Fällen lohnt sich daher die Recherche in lokalen Katalogen. Gelegentlich ist sogar die Konsultation eines Band- oder Zettelkatalogs vor Ort nötig, da noch längst nicht alle Bibliotheksbestände digital erfasst sind.

Alte Drucke außerhalb Europas und Nordamerikas

Die hier empfohlenen Kataloge beziehen sich auf Buchbestände europäischer und nordamerikanischer Bibliotheken und sind in dieser Hinsicht sehr zuverlässig. Werke in nichtlateinischen Schriften und solche, die in Südamerika, Afrika und Asien erschienen sind, werden dagegen deutlich seltener beschrieben, digitalisiert und in Metakataloge integriert. – Dieser Digitalisierungsbias macht Recherchen abseits des europäischen Mainstreams schwierig und langwierig. Über Kontakte und über Fachwissen verfügen die regional ausgerichteten Fachinformationsdienste und die Nationalbibliotheken in der für Sie relevanten Region.

Weitere Fragen?

Gerne! Schreiben Sie uns eine Nachricht an fid@hab.de. Für Gruppen führen wir zu diesem Thema auch digitale Schulungen durch, in denen wir über zentrale Merkmale Alter Drucke und über die Nutzungsbedingungen informieren, die bei der Verwendung von Digitalisaten zu beachten sind.